3 Gedanken zu 4 Zitaten zur Gestaltung der Ausstellungs­­räume

von Matthias Castorph

Man kann die Vergangenheit neu erfinden und für die eigenen Zwecke neu einkleiden, wenn sie niemand erinnert. Das nennt man dann Originalität“. 1

1: aus: Brian O’Doherty „In der weißen Zelle, Inside the White Cube“, Berlin 1996, S. 130

Simulation KLH – vorher – nachher, Matthias Castorph

Wie viel Raum braucht ein Bild zum Atmen? Sobald die Bilder selbst die Modi der „Wandergreifung“ bestimmen, kann man den etwas angespannten Wortwechsel zwischen Ihnen nicht mehr überhören. Was geht noch zusammen, was nicht mehr? Die Ästhetik der Hängung entwickelt ihre eigene Übung, die zur Konvention wird, die zum Gesetz wird. Wir treten ein in die Ära, da Bilder die Wand als eine Art Niemandsland betrachten, auf das sie ihre Besitzansprüche zu projizieren haben. … War die Wand erst mal zu einer ästhetischen Kraft geworden, verwandelte sie alles, was auf ihr erschien. Die Umgebung der Kunst, die Wand, war in einem Maße reich an Bedeutung geworden, das sie nun in kleinen Raten an die Kunst zurückzahlen konnte. …Seitdem ist es unmöglich, eine Ausstellung vorzubereiten, ohne vorher den Raum wie ein Gesundheitsinspektor zu mustern und dabei die Ästhetik der Wand zu berücksichtigen, welche das Werk unweigerlich in einer Art und Weise „artifiziert“, die seiner Intention zuwiderlaufen kann.“ 2

 

München

Gesundheitsinspektor im Niemandsland

 

Das KH agiert. Eine Raumcollage vom Gesundheitsinspektor mit Bezügen gereinigt – von Bezügen zu Marcel D. und seinen Urinalen. Beziehung suchend zum „Salon de Madame B.“ des Piet M. und sich dabei auf seine innere Ordnung – das Raster – verlassend. Reinlichkeitsästhetik „inside the white cube“. Erinnerung an Bedeutungen durch Volumen im Raum – als Versuch einer Volumetrie ohne Bedeutung. Ein Raumstück – durch Aussortieren und Wegschneiden entstandener Raum – ein Gegenüber für „gefährliche, aussortierte, uninteressante, ungeeignete und weggeschnittene Objekte“.

2: aus: Brian O’Doherty „In der weißen Zelle, Inside the White Cube“, Berlin 1996, S. 26/ S. 27

3 Skizzen: KH Innenraum, Matthias Castorph

Ottobrunn

Insideout

 

Bei Gruppenausstellungen herrschen schnell Zustände wie auf dem Balkan! Grenzkonflikte, wo immer man hinblickt. Ein unbehagliches Gefühl stellt sich ein, wenn man sieht, wie Kunstwerke Fläche beanspruchen, ohne Raum zu greifen, im Kontext des ortlosen Raums der Galerie. Das geschäftige Hin und Her auf der Wand holte diese aus der Neutralität. Indem sie nun an der Kunst teilnahm und diese nicht mehr allein trug wurde die Wand zum Austragungsort ideologischer Zwiste, und jede neue Entwicklung musste Position zu ihr beziehen.“ 3

 

Das KH bezieht Position. Im Vitrinenraum der Laube, selbst als bestimmendes Exponat – das KH als raumbestimmter Körper – als Raummodell, als Insideout des eigenen Raums – Wände als Summe der Oberflächen im KH. Das KH zeigt sich verkleinert, abstrahiert, konzentriert und umgestülpt: das Innerste nach Außen, als Basis für „inspirierende und verflochtene Entstehungsprozessstücke“. Die Oberfläche formuliert die gedachte Trennung des eigenen Raums und seines Körpers. Raumdichtung: pro Bau, Duschdichtanstrich – lösemittelfrei.

3: aus: Brian O’Doherty „In der weißen Zelle, Inside the White Cube“, Berlin 1996, S. 27

KHB Außenraum – Grüner Anstrich, Matthias Castorph

und an beiden Orten:

 

Der Fußboden … wird mit Teppich belegt, so dass man geräuschlos einhergeht und die Füße sich ausruhen, während die Augen an der Wand heften. Die Kunst hat hier die Freiheit, wie man so sagt, „ihr eigenes Leben zu leben.“ 4

4: aus: Brian O’Doherty „In der weißen Zelle, Inside the White Cube“, Berlin 1996, S. 10

Matthias Castorph

ist Architekt und Stadtplaner. Neben seiner städtebaulichen Tätigkeit Realisierung zahlreicher Ausstellungen im In- und Ausland.

www.goetzcastorph.de