Mediendienst Leistungshölle

Protection Shields to go

 

Was hat dich motiviert, an der KHBi4 teilzunehmen?

Seit knapp 10 Jahren brodelt es in unserem Mediendienst Leistungshölle. Auch das KloHäuschen steht schon fast eine Dekade lang offen für Kunst, die Lust hat, andere Wege einzuschlagen und neue Fragen aufzuwerfen. Klaus und ich haben im Juli 2009 mit „33 Antworten auf keine Frage“ angefangen. Oft waren wir versunken im „Aufstand der Textilen Zeichen“, im „Textilen Unbehagen“, bei „Einen Fehler Machen. Alle Fehler Machen. Ordentlich Fehler machen“. Unsere Wege haben sich deshalb erst im Sommer 2016 gekreuzt bei der „Biennale der vernachlässigten Lebewesen“. Dort hat sich die Leistungshölle samt Asphaltbar so wohl gefühlt, dass es kurz darauf gleich weiter ging. Das KloHäuschen wurde Moviestar und übernahm in unserem Film „Versprechen und anderes Versagen“ die Rolle eines Bestattungsimbiß: „Zur Kapitulation“ – Leichenschmaus Deluxe.

Das KloHäuschen hat ein großes Herz, mit der schönen Dame in Zahngelbweiß lassen sich einige beißponys stehlen. Unser Mediendienst Leistungshölle freut sich sehr, dass er mit dem KloHäuschen von der Gartenlaube lernen darf.

Inwiefern haben dich das KloHäuschen und die Gartenlaube der Kunst als Räume für deinen Beitrag zur Biennale inspiriert?

Im September 2017 hatten wir Gelegenheit mitten in Birmingham’s Bull Ring Market eine Rauminstallation aufzubauen, darin zu performen, sie Stück für Stück auseinander zu legen, um daraus Schätze für alle, die uns ihre Berührungsängste anvertrauen, zu gestalten.

Das KloHäuschen ist in München gleich neben der Großmarkthalle beheimatet. Wer dort einkauft, bekommt ein Plastiksackerl, um die Leckereien zu transportieren. Im Birminghamer Bullring Market gibt es blaue Plastiksackerl. Klaus und ich hatten die Idee, den Schnitt und die Form der Plastiktüten aufzugreifen. Allerdings haben wir unsere Gäste aus feinster Seide angefertigt. Im wilden Treiben haben wir am Ende völlig vergessen, die aufwendig genähten Tüten während unserer Performance zu nutzen. Vielleicht hängen sie noch immer dort an einem der Obst- und Fleischerhaken.

Für unsere Rauminstallation haben wir einen handbemalten Vorhang vorbereitet. Jedes Mal, wenn uns jemand einen Mangel, eine Angst, irgendetwas nicht Greifbares anvertraut hat, haben wir ein Stück aus den Vorhangmalereien geschnitten und daraus ein Objekt gestaltet, das näher unter die Lupe genommen werden kann und neue Perspektiven aufmacht. So gab es nach und nach keine Trennwände mehr, die Sicht ins Innere der Rauminstallation wurde komplett frei. Ähnlich wie bei den Obst- und Gemüseständen um unsere Rauminstallation herum, lagen am Ende nur noch Überreste am Boden. Ein kleines Reststück Vorhang, rausgefischt aus Obst- und Gemüseresten, findet in der transparenten Gartenlaube ein neues zu Hause.

Gibt es etwas, was du gerne von Ottobrunn lernen würdest?

Klaus und mich reizt es, die Blase platzen zu lassen. Wo liegen unsere eigenen Berührungsängste? Was hindert uns daran, auch mal die Peripherie aufzusuchen? Was können wir dort entdecken?

Seit März 2017 sind wir immer mal wieder im Schwarzwald. Das unterschwellige Brodeln im Ländlichen – abseits der lebendigen Subkultur, die wir beide sehr lieben – wirft viele Fragen auf, hält unseren Denkapparat wach. Die Gartenlaube ist transparent, da bleibt nichts im geschützten Kunstraum. Alle Karten kommen auf den Tisch. Die harte Offenheit lockt uns.

Welche Bedeutung schreibst du den Teilen deiner Arbeiten zu, die sonst nicht gezeigt werden/wurden?

Das Verworfene spielt eine zentrale Rolle. Im Mediendienst Leistungshölle fliessen verschiedene Prozesse ineinander. Im Austausch untereinander entstehen ständig Reibungen. Manche Ideen nutzen sich schneller ab, andere setzen sich durch. Das Verwerfen, Loslassen und Ausrangieren macht den Prozess erst richtig interessant.

Beim Machen lernen wir immer wieder dazu. Wenn wir merken, dass eine Idee noch nicht so durchdacht ist, oder dass wir mit einem Werk plötzlich mitten in ein heikles Terrain treten, dann macht es Sinn, bei Bedarf auch wieder Abstand zu nehmen. In so eine Situation sind wir 2016 auch mit dem KloHäuschen schon mal geraten. Wir hatten einen Flyer gestaltet, um Lust auf ein Public Recording mit dem KloHäuschen zu machen. Es sollte in einem unserer Filme die Rolle eines surrealen Bestattungsimbiß übernehmen. Auf dem Flyer war ein Bild angedruckt, auf dem Grabmale in direkter Nachbarschaft zu beschaulichen Wohnhäusern zu sehen waren. Darüber war der Schriftzug „Wc Paradise – Zur Kapitulation“ gedruckt. Der Buchstabe „W“ war ein umgedrehtes McDonalds „M“. Kurz nachdem der Flyer fertig gestaltet war, kam es in München zum Amoklauf in einer McDonalds Filiale. Da war für uns schnell klar, der Schriftzug auf unserem Flyer geht vor diesem Hintergrund gar nicht mehr. Beim Online-Aufruf für das Public Recording haben wir auf den ursprünglichen Schriftzug verzichtet.

Mediendienst Leistungshölle


Klaus Erich Dietl and Stephanie Müller are a multidisciplinary artist duo working primarily with moving images, sound, textile art, painting, performance and DIY strategies in public space. Since 2009 the Mediendienst Leistungshölle has evolved from an underground studio to a vibrant nucleus for interdisciplinary projects.

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